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Wander-Eldorado Neuseeland - Ein kleiner Überblick

 

Die Luft ist kristallklar, das Atmen ist ein Hochgenuss. Nach dem anstrengenden Tag steigt mit jeder Sekunde das Wohlgefühl des Geschafften, die Strapazen der Wanderung verwandeln sich bereits im Laufe des Abends in romantische Erinnerungen. Neben angenehmer Erschöpfung macht sich eine unendliche Freiheit und tiefe Verbundenheit mit der Natur breit. Vermeintlich wichtige Dinge des Alltags werden unwichtig. Man ist lebendig im Hier und Jetzt.

So ähnlich ergeht es den meisten Wanderern, wenn sie durch die faszinierenden Landschaften Neuseelands ziehen. Dass solche Momente Suchtpotential haben, ist naheliegend. Doch was macht das Wandern in Neuseeland so einmalig?

Adelaide Tarn, Kahurangi Nationalpark ©highluxphoto/stock.adobe.com
Adelaide Tarn, Kahurangi Nationalpark ©highluxphoto/stock.adobe.com

Abwechslungsreiches Landschafts-Potpourri

Vom Norden bei Cape Reinga bis in den Süden auf Stewart Island besticht das Land mit einer äußerst abwechslungsreichen Landschaft auf kompaktem Raum. Endlose Küsten, imposante Berge und Vulkane, tiefe Fjorde und weite Flusstäler, wunderschöne Seen oder märchenhafte Wälder – das alles sorgt für ein glückliches Wanderherz.

In Neuseeland gibt es große zusammenhängende Wildnisgebiete. Rund ein Drittel der Landesfläche steht unter Naturschutz und von den insgesamt 13 Nationalparks befinden sich zehn auf der atemberaubenden Südinsel. In Neuseeland ist ein ungetrübtes Naturerlebnis fernab der Zivilisation noch möglich. Genau deshalb zieht das weit entfernte Wanderziel viele in den Bann. Zum Kopf-frei-Wandern trägt bei, dass keine giftigen Tiere zu befürchten sind und Neuseeland auch sonst als sehr sicheres Reiseland gilt.

Mt Taranaki vom Pouakai Circuit
Mt Taranaki, Egmont Nationalpark ©Patrik Stedrak/stock.adobe.com

Auf das Wesentliche besinnen – Trekking-Hütten in Neuseeland

Das Sahnehäubchen für tolle Outdoor-Abenteuer ist die hervorragend ausgebaute Infrastruktur. So bietet sich auf den insgesamt möglichen 14.000 km Wanderstrecke meist unweit eine Übernachtung in einer der fast 1.000 Wanderhütten oder im eigenen Zelt auf einer der 300 Campsites an. Die Wege sind häufig gut bis sehr gut instandgehalten und meist gut ausgeschildert.

In den Hütten sollten Sie nicht auf allzu großen Luxus hoffen. Während die nobleren, größeren Wanderbehausungen noch mit Matratzen, Wassertanks und Kochmöglichkeiten ausgestattet sind und vielleicht sogar auch ein Hüttenwart für Fragen und Tipps anwesend ist, sind die einfachen Hütten am anderen Ende des Spektrums wirklich nur etwas für Hartgesottene.

Brewster Hut
Brewster Hut, Mt Aspiring Nationalpark ©Timon/stock.adobe.com

Bis auf wenige Ausnahmen bieten die öffentlichen Hütten weder Strom noch heißes Wasser, Duschen, Kochutensilien, Bettwäsche, Decken, Kissen oder Toilettenpapier. Auch ein Aufstocken der Verpflegung ist nicht möglich und der eigene Abfall muss wieder mitgenommen werden. Aber keine Bange, als Wanderer empfindet man bereits die warme Abendmahlzeit und einen trockenen Unterschlupf als unglaublichen Luxus.

Von kurzen Spaziergängen bis anspruchsvolles Tramping (Trekking)

Wer in Neuseeland wandern möchte, hat die Qual der Wahl. Denn dauert die Reise auch noch so lange, nie wird es ausreichend Zeit sein um alle Juwelen erwandern zu können. So erging es auch mir. Die Auswahl der Wanderungen für meine beiden Wanderbücher für die Nord- und Südinsel hat mir ordentlich Kopfzerbrechen bereitet, schließlich sollten die über 20 Wanderungen je Insel für jeden Geschmack etwas bieten.

Zunächst einmal kann zwischen den sogenannten Trampingtouren über mehrere Tage (außerhalb von Neuseeland häufig Trekking genannt) und Tageswanderungen oder kürzeren Strecken wählen. Letztlich ist für jeden Anspruch, Fitness, Erfahrungsschatz und die verfügbare Zeit die passende Wanderung dabei. Spaziergänge mit der Familie sind genauso möglich wie off-track Wanderungen ohne Wegbeschilderung und erkennbaren Pfad in abgelegenen Wildnisgebieten.

Okarito Wetland Walk
Auch für Kinder hält Neuseeland viele Wanderungen parat, wie hier auf dem Okarito Wetland Walk, Westland Tai Poutini Nationalpark ©Daniel Hüske

Neuseelands Premium Tracks: Great Walks, Day Hikes und Short Walks

Die Great Walks Neuseelands sind ausgewählte Mehrtageswanderungen mit besonders beeindruckender Landschaftsszenerie. Premium ist hier aber nicht nur die Umgebung, auch die Rahmenbedingungen wie Ausstattung der Wanderhütten, Wegbeschaffenheit und die Entschärfung kritischer Wegstellen laden fitte Tramping-Einsteiger zur „Tour-Natur“ ein. Aktuell sind zehn Tracks als Great Walk ausgezeichnet, alle verlaufen durch einen oder mehrere Nationalparks. Der neueste Vertreter ist seit 2019 der Paparoa Track als zehnter Great Walk und der Hump Ridge Track im Fiordland Nationalpark im südwestlichen Zipfel der Südinsel wird sich bald als elfter Great Walk dazugesellen. Mein persönlicher Favorit ist der Routeburn Track – bei schönem Wetter ein Weltklasse-Wanderweg für Panorama-Junkies wie mich.

Key Summit
Fantastische Aussichten vom Routeburn Track ©naruedom/stock.adobe.com

Außerdem gibt es – ähnlich der mehrtägigen Great Walks – eine Auswahl besonderer Tageswanderungen (Best Day Hikes, zwischen 3 und 8 Stunden) und kürzeren Wanderungen (Best Short Walks, zwischen 30 min und 3 Stunden).

Wie für Konzerttickets der Lieblingsband: Buchungen für die Great Walks

Übernachtungen entlang der Great Walks und einige weitere populäre Hütten sowie Zeltplätze ('Backcountry huts and campsites') müssen im Voraus gebucht werden. Wie zeitig die Buchung erfolgen sollte, hängt vom Track und der Reisezeit ab, außerdem davon, ob in Hütten oder im Zelt genächtigt werden soll. Generell gilt: Je eher die Buchung, desto besser. Jedes Jahr nimmt die Nachfrage zu! Meist werden die Tickets für die kommende Wandersaison im Frühling bis Frühsommer der nördlichen Hemisphäre freigeschalten.

Am populärsten ist der Milford Track. Um hier einen Platz in den Hütten zu einem bestimmten Datum zu ergattern, ist eine frühestmögliche Buchung empfehlenswert. Hier geht es teilweise um Minuten! Auch für den Routeburn Track ist eine sehr zeitige Hüttenbuchung ratsam.

Regenwald, Milford Track
Verwunschener Regenwald auf dem Milford Track ©aavideos/stock.adobe.com

Für alle anderen Great Walks ist allgemein bei geplantem Besuch in der Hochsaison im Dezember und Januar eine Vorausbuchung von drei bis sechs Monaten sinnvoll, für Plätze um Neujahr herum sogar noch eher. Für die Zeltplätze ist die Situation deutlich entspannter, für die gibt es durchaus je nach Reisezeit einige Tage vorab noch freie Kapazitäten (Ausnahmen: Milford Track, hier gibt es gar keine Campsites und die Lake Mackenzie Campsite auf dem Routeburn Track).

Der Versuch, hunderte Tracks in sechs Kategorien zu quetschen

Ein paar Worte zu den Anforderungen der Wanderwege: Die neuseeländische Naturschutzbehörde Department of Conservation (kurz: DOC) ordnet die Tracks des Landes in sechs verschiedene Kategorien ein, von buggytauglichen „Easiest“-Spaziergängen bis hin zu den „Routes“ für erfahrene Wanderer.

Sie sollten darauf achten, dass diese Zuordnung nur grob nach der Wegbeschaffenheit (von eben und „manikürt“ bis steil, felsig und ursprünglich mit möglichen Flussquerungen) und der Beschilderung (von „Verlaufen unmöglich“ bis „off-track“ ohne jegliche Wegweiser) erfolgt. Statt blind dieser Kategorisierung zu folgen, ist vorab ausreichend Recherche notwendig (z.B. vor Ort bei den vielen hilfreichen Mitarbeitern in den DOC-Besucherzentren oder durch meine Beratung).

Mt Burns, Fiordland Nationalpark
Orientierung vorausgesetzt: Wunderschöne Tarns im Fiordland Nationalpark ©Daniel Hüske

Zu den „Hausaufgaben“ gehört es auch, die notwendige Fitness für die gewünschten Wanderungen mit der eigenen körperlichen Verfassung zu vergleichen. Beispielsweise ist der bekannte Roys Peaks Track zwar als Easy Walking Track angegeben (leicht begehbarer Weg mit sehr guter Beschilderung), gleichzeitig ist aber ein Anstieg von über 1.000 Höhenmetern zu bewältigen. Sind Tramping-Touren über mehrere Tage angedacht, dann sollten die Auswirkungen von Rucksackgewicht auf Gehgeschwindigkeit und die benötigte Kraftreserven eingerechnet werden.

Wetter ist nicht gleich Wetter

Eine weitere enorm wichtige Variable bei der Vorbereitung ist das neuseeländische Wetter. Verschiedene Kapriolen mit Sturm, heftigem Regen oder Schneefall haben bei meinen eigenen Touren durchs Land schon einige Planänderungen notwendig gemacht. Sie sollten jederzeit mit Einschränkungen oder gar Tracksperrungen rechnen.

Bei der Planung macht es einen großen Unterschied, ob eine Wanderung etwa durch den sonnenverwöhnten Abel Tasman National Park oder durch das regenreiche Fiordland mit bis zu sieben Metern Niederschlag im Jahr (zum Vergleich: in Deutschland je nach Region ca. ein Meter) führt. Um weitere Beispiele zu nennen: 100 km ostwärts in Central Otago plagen den Wanderer Hitze und Wassermangel, die Tararuas nördlich von Wellington sind berüchtigt für die starken Winde und plötzlichen Wetterumschwünge. Nicht zuletzt entscheidet auch die Jahreszeit darüber, welche Erfahrung und Fitness Sie als Wanderer mitbringen sollten.

Frenchman Bay, Abel Tasman Nationalpark
Im Abel Tasman Nationalpark ist die Chance auf sonnenreiches Wanderwetter hoch ©Robert CHG /stock.adobe.com

Im neuseeländischen Winter sind zwar durchaus Wanderungen möglich. Allerdings ist die Auswahl an Alternativen im Vergleich zum Sommer ziemlich eingeschränkt. Gerade in den Bergen der Südinsel sind die Schneeverhältnisse nur für wirklich wintererfahrene Outdoorer geeignet. Bis in den November hinein kann es an vielen Stellen Lawinenabgänge geben. Brücken entlang der Tracks sind teilweise abgebaut, Transportanbieter machen Ferien, die Tage sind kurz und Temperaturen niedrig. Kurzum: Sollten Sie nicht in der glücklichen Lage sein, Neuseeland öfters besuchen und sich einzelne Gebiete wie den Norden der Südinsel herauspicken zu können, dann ist diese touristenfreie Zeit fürs Wandern nicht zu empfehlen. Die bessere Zeit fürs Wanderabenteuer ist von November bis in den April hinein.

Respekt, aber keine Angst vor Neuseelands Backcountry

Den Wandergebieten Neuseelands gebührt ein gesundes Maß an Respekt. Die moderne Infrastruktur des Landes sollte nicht gedankenlos auf das Verhalten in der Wildnis übertragen werden. Jedes Jahr rücken Freiwillige der Such- und Einsatzkräfte mehr als 500-mal aus, um in Not geratene Wanderer zu retten. Nicht selten ist der Grund mangelnde Vorbereitung wie z.B. unpassende und fehlende Ausrüstung oder ungenügende Fitness und Erfahrung. Gerade spontane Tageswanderungen oder kürzere Touren werden häufig unterschätzt.

Passiert dann doch etwas Unerwartetes, entwickeln sich vermeintlich kleine Probleme schneller zu kritischen Angelegenheiten. So war z.B. im Mai 2016 eine amerikanische Mutter mit ihrer 20jährigen Tochter zur Tageswanderung auf dem Kapakapanui Track in den Tararuas bei Wellington aufgebrochen. Sie verliefen sich und mussten bis zu ihrer knappen Rettung vier Tage und Nächte im Wald ausharren.

Ein Notfallsender (Personal Locator Beacon, PLB) hätte hier schnelle Hilfe bedeutet, denn Handyempfang war wie auf den meisten Tracks des Landes nicht verfügbar. Außerdem wäre es wichtig gewesen, jemanden über die Wanderpläne zu informieren.

Ocean Signal PLB1
Kann Leben retten: Notfallsender (PLB) ©Daniel Hüske

Daher zum Schluss mein wichtigster Rat: Wer mit freiem Kopf ohne Bedenken seine Wanderungen in Neuseelands Wildnis genießen möchte, dem empfehle ich eine sorgfältige Vorbereitung, und zwar von A wie Ausrüstung bis Z wie Zeitplanung. Oder Sie unternehmen eine unserer vielfältigen Wanderreisen und genießen die professionelle Reisebetreuung während der Tour sowie meine umfassende Beratung zu allen Fragen der Reisevorbereitung.

In welcher Form auch immer, ich wünsche Ihnen erlebnisreiche, unvergessliche und sichere Wanderungen!

Lake Angelus Hut
Hüttenleben ;-) auf der Terrasse der Lake Angelus Hut, Nelson Lakes Nationalpark ©Gary/stock.adobe.com

Der Artikel von Daniel Hüske ist in ähnlicher Form im Magazin 360° Neuseeland erschienen.

 

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